Kürzlich entdeckte ich in einem antiquarisch erworbenen Buch ( = Siegmund Riezler: Die Orts-, Wasser- und Bergnamen des Berchtesgadener Landes, 1913) den Begriff Seelenfenster. Sie heißen im Berchtesgadener Land Seelabalgga oder auch Seelenglotz oder Seelenloch. Es sind "kleine Fensterchen im Blockhausbau (...), die einem alten heidnischen Brauch zufolge geöffnet wurden, um der Seele Verstorbener Austritt zu gewähren und nach Verschließen von innen Wiedereintritt als Wiederkommer (Geister ?) zu verwehren."
Ein Seelabalgga unterhalb des Vogelhäusls am Hausknechtlehen
auf der Metzenleiten am Südhang der Kneifelspitze
Interessanterweise machten wir kürzlich einen Ausflug zur Kneifelspitze und ebenso kürzlich erhielt ich den Tipp, die Marxenhöhe zu besuchen, die nur 300 m Luftlinie vom Hausknechtlehen liegt.
Das Hausknechtlehen als früher typischer Zwiehof bzw. Einödhof (erbaut 1592 !) selbst ist inzwischen zu einer Ferienwohnung umgebaut worden, ebenso der nebenstehende Feldkasten und steht unter Denkmalschutz, daher ist auch noch das Seelenfenster im Originalzustend erhalten.
In der Region Maria Gern - eventuell im Berchtesgadner Raum selbst - gab oder gibt es noch mehrere Seelenfenster.
Dem Volksglauben nach wurden die verstorbenen Seelen auf ihrem Seelenweg in den Schoß der Urmutter und Bergmutter Percht von den Seelenbegleitern (= Zug der Untersbergmandl) geführt - und damit in das Ahnenreich des Untersbergs, als einzigen mitteleuropäischen Ahnenberg.
Bis heute hat sich das Wissen um Seelenwanderung und Seelenbegleiter nicht nur in den Untersbergsagen sondern auch sehr stark in der Schweizer Bergwelt mit ihrem Gratzug (Stichwort Winna) erhalten.
Im Volk gab es lange Zeit den Brauch Kerzen in Fenster zu stellen, um den in Dunkelheit umherirrenden Armen Seelen den Weg zu weisen. In den Zeiten ohne Elektrizität galt die Dunkelheit als Zeit der Geister. In heutiger Zeit werden Seelenwege aufgrund der Zersiedlung und Lichtsmog von den Armen Seelen nicht mehr gefunden oder erkannt und so werden sie heute wie damals zu Irrlichtern.
Das Thema passt natürlich gerade jetzt zu den bevorstehenden Rauhnächten, wo die Percht mit ihrer Wilden Jagd die Armen (verirrten) Seelen zum Jahresende aufsammelt und in ihr Unterweltreich begleitet.
Sehr interessant in diesem Zusammenhang ist auch die landschaftsmythologische Lage jener Bauernhäuser bei Berchtesgaden bzw. Maria Gern, gilt dieser Bereich nach der Patriachatsforscherin Dr. Heide Göttner-Abendroth (Philosophin und Kultur- und Gesellschaftsforscherin) doch als der Ausläufer der Roten Liegenden Göttin von Ettenberg. Vom
Kiliansberg im Zentrum des Unterleibs der Liegenden Göttin gibt es
die Überlieferung der Drei Sennerinnen, die versteinert wurden.
Göttner-Abendroth identifiziert wiederum einen Tätigkeitsraum der
Drei Wildfrauen als Priesterinnen der Percht, die dort sogar eine Alm
besaßen und im Rahmen der Patriachalisierung sich zurückzogen.
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